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Eine Bildungsreise nach Grönland

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Chanett Christensen ist innerhalb von anderthalb Jahren drei Mal nach Grönland gereist. In einer Zeit der Trauer wollte sie nur weg. Stattdessen hatte sie sich auf eine Bildungsreise begeben, die ihr Leben verändern sollte.

Eine der ersten von Chanetts Aussagen in unserem Interview lautet: „Ich hoffe, dass ich bald wieder nach Grönland kommen kann. Ich vermisse es. Ich war ganz bestimmt noch nicht bereit, nach Hause zurückzukehren, als ich musste.“ Wohl kaum jemand ist so von einer Reise nach Grönland beeindruckt worden wie Chanett. Wir haben sie zufällig kennengelernt, als einer unserer Kollegen im Flugzeug von Grönland nach Dänemark neben ihr saß. Dass Chanett aus Kopenhagen in Grönland zum Outdoor-Menschen werden sollte, war keine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil, ihre Urlaubsreisen hatten sie bis dahin gen Süden geführt. Alles änderte sich jedoch, als Chanett im Sommer 2019 zwei tragischen Ereignissen ausgesetzt war:

”Mein Urlaub war anders als erwartet. Mein Freund hatte mich nach 10 gemeinsamen Jahren gerade verlassen und mein Vater war gestorben. Er hatte einen anstrengenden Kampf gegen Krebs hinter sich. Ich war todunglücklich. Innerhalb von drei Monaten hatte ich sowohl meine Vergangenheit als auch meine Zukunft verloren.“

„Als ich plötzlich ganz allein war, dachte ich: das ist meine Chance, endlich meine Freundin Kathrine zu besuchen. Ich sprach mit ihr, buchte, und einen Monat später reiste ich nach Grönland. Das war sehr spontan.“

Die Heilkräfte der Natur

Sehr schnell war klar, dass die grönländische Natur Chanett helfen konnte. „Ich war sehr, sehr traurig, aber die Natur gab mir etwas ganz Besonderes. Es lagen immer noch etwas Schnee und Eisschollen auf dem Fjord. Ein grönländischer Sommer fühlt sich fast so wie ein dänischer Frühling an. Grönland gibt einem Ruhe wie kein anderer Ort, an dem ich jemals war. Ich weiß nicht genau, wie ich es erklären soll, aber wenn man aufs Wasser kommt und zum Land hin schaut und sieht, wie wunderschön das ist, dann hat das einen tieferen Sinn. Es ist einzigartig und unberührt.“

Chanett war innerhalb von anderthalb Jahren drei Mal in Grönland. Die erste Reise machte einen so großen Eindruck auf sie, dass sie das Gefühl bekam, noch mehr erleben zu müssen. „Grönland kann so Vieles. Man muss offen sein, wenn man dort hinkommt. Ich glaube, man setzt sich nur selbst Grenzen dafür, was Grönland zu bieten hat. Man passt sich an.

Wandert man, gibt es nicht unbedingt Internet, denn hier sind nicht überall Sendemasten. Das sind die Rahmenbedingungen. Das habe ich auch auf meiner Hundeschlittenfahrt erlebt. Ich habe ein paar Bilder gemacht, aber ich habe mich auch selbst regelmäßig daran erinnert, das Smartphone zur Seite zu legen. Schließlich geht es darum, bewusst zu erleben.”

Aber nicht nur das eigentliche Erlebnis und die Natur waren Gründe dafür, dass Chanett an diesem Tag auf dem Hundeschlitten ihr Handy beiseitelegte. Mit einem Lachen gibt sie zu: „Ja, ich habe ein paar Bilder gemacht und ein kurzes Video aufgenommen. Aber meine Finger waren so kalt, dass ich einfach nicht mehr fotografieren konnte. Es war so kalt, dass mein Smartphone den Geist aufgab. Ich musste es unter meine Sachen stecken und an meinem Bauch wärmen. Denn obwohl die Batterie noch zu 90% gefüllt war, gab es bei -41 Grad auf. Total. Und wieder einmal: Die Natur gewinnt über die Elektronik. Die Natur setzt die Grenzen.“

Auf genau dieser Reise erlebte Chanett andre Seiten von Grönland – außer der Hundeschlittentour sah sie die Nordlichter, machte Bootsfahrten und Hüttenwanderungen. „Auf meiner zweiten Reise war ich mental ganz woanders als im Sommer. Beim ersten Mal trug ich sehr viel Trauer mit mir herum. Aber das vergaß ich ab und zu, denn Grönland hatte so viel Schönheit zu bieten. Die Natur hat mir sehr geholfen.”

”Als ich dann im Winter wiederkam, hatte ich ein breites Lächeln im Gesicht. Die ganze Zeit. Weil es einfach so wunderschön war. Hier gab es Ruhe und Freude. Die Leute waren so nett und entgegenkommend. Und wenn man nicht selbst Ruhe finden konnte, dann schaute man hinaus und fand sie auf eine ganz natürliche Weise. Ich wollte gar nicht nach wieder Hause. Ich hätte ohne Probleme einen ganzen Monat bleiben können. Aber ob Kathrine und ihr Freund das so toll gefunden hätten, weiß ich nicht“, grinst Chanett.

Mut und Persönlichkeitsentwicklung

”Als meine Freundin sagte, dass sie für zwei Jahre nach Grönland ziehen wollte, fragte sie, ob ich sie besuchen wolle. ‚Ja, ja, das mach ich mal‘, sagte ich und dachte gleichzeitig ‚Möchte ich das wirklich?‘ Mein erster Gedanke war eigentlich, dass es viel zu kalt sein würde. Für mich war das eine Mutprobe, aber es musste etwas passieren.“

Und jetzt wissen wir, dass Chanett ihre Entscheidung nicht bereut hat:
”Als ich nach Grönland kam, habe ich etwas Anderes bekommen. Etwas Besseres. Ich glaube sogar, dass ich mich auf eine Art ein Bisschen in Grönland verliebt habe. Das Land hat einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen. Ich kam dort mit einem gebrochenen Herzen an, weil ich meinen Vater verloren hatte. Aber Grönland gab mir etwas ganz Besonderes. Für mich war das eine sehr persönliche Reise.“

”Das war das erste Mal, dass ich allein reiste. Das erste Mal, dass ich mich allein in ein Flugzeug gesetzt habe. Ich habe normalerweise ziemliche Flugangst. Für mich war es ein riesiges Erlebnis, im Sommer 2019 nach Nuuk zu reisen. Das hat mir gezeigt, dass ich mutiger bin als ich immer dachte. Das haben mir auch meine Freundinnen gesagt, die finden, dass ich viel mutiger geworden bin. Früher war ich immer sehr zurückhaltend und habe mich oft nicht getraut. Ich habe ein ganz anderes Bild von mir selbst bekommen. Ich traue mich ja jetzt, allein zu reisen. Und ich habe es auch mehrmals getan. Das könnte ich noch öfter machen. So sehr zieht Grönland mich an.“

”Viele Leute reden davon, dass sie Grönland gern selbst erleben wollen. Aber die, die ich kenne, setzen es nie in die Tat um. Es wundert mich, dass man es nicht einfach macht, denn es ist eine Reise, die man nie bereut. Eine Erinnerung für immer. So ist das vielleicht auch auf anderen Reisen, aber Grönland macht etwas ganz Besonderes mit einem. Es ist ganz speziell. Ich bin ja kein besonders bereister Mensch, aber egal wohin ich komme -im Vergleich finde ich Grönland noch immer einzigartig.“

”Du darfst gern schreiben, dass das eine persönliche Reise war. Denn das war sie auch. Ein Ort, der mir eine ganz neue Sicht auf das Leben gegeben hat. Meine Wohnung in Dänemark ist mit Bildern von Grönland gefüllt, um mich an die schöne Zeit zu erinnern, die ich dort oben erlebt habe. Die Natur hatte eine heilende Wirkung auf mich. Ich habe eine neue Perspektive aufs Leben gewonnen und habe keine Angst mehr davor, Trauer zu spüren. Sie ist ein Teil von mir geworden und hat ihren Beitrag dazu geleistet den Menschen zu formen, der ich heute bin. Ich habe weniger Angst davor, mich in meiner Trauer zu öffnen und verstecke mich nicht mehr. Ich habe keine Berührungsängste mehr wie früher. Ich kann auch viel besser über schwere Themen reden, zum Beispiel den Tod oder dass ich meinen Vater vermisse. Diese Dinge in meinem Leben haben sich verändert. Darüber hatte ich keine Kontrolle. Grönland hat mir dabei geholfen, wieder auf- und hinauszuschauen. Ich fühle mich geehrt, dass Ihr meine Geschichte hören möchtet“, schließt Chanett.
Wale, SUP und Wellness – Chanett wollte alles ausprobieren
Chanett sprach mit Louise Larsen und Jesper Kunuk Egede

 

Wale, SUP und Wellness – Chanett wollte alles ausprobieren!

Im Sommer 2019 reiste Chanett zum ersten Mal nach Grönland. Und dabei blieb es nicht! Ein Sommerurlaub und zwei Winterferien sind es geworden. Chanett kann inzwischen hinter alle großartigen Erlebnisse in Grönland einen Haken setzen.

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